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Stadtnatur macht Lust auf mehr - GEO-Tag der Artenvielfalt

News vom 17.06.2014

Rund 350 Besucher erforschten beim diesjährigen Freiburger GEO-Tag der Artenvielfalt die Flora und Fauna auf dem Seepark-Gelände

Ein beeindruckendes Bild darüber, wie viele Pflanzen und Tiere mitten in der Stadt leben, konnten sich am Sonntag die rund 350 Besucher des diesjährigen Freiburger GEO-Tags der Artenvielfalt machen: In einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern rund um die Ökostation fanden und bestimmten sie unter Anleitung von Experten einer ersten Schätzung zufolge rund 320 Arten. Einige davon gelten als gefährdet -zum Beispiel die Braunschuppige Sandbiene, die auch Glockenblumen-Sandbiene heißt, sowie die Glänzende Faulholz-Schwebfliege.

Los ging’s am Vormittag mit einer Bestandsaufnahme der Gewächse auf dem Dach der Ökostation: Peter Fräßdorf von der Uni Freiburg zeigte rund 15 Interessenten, wie vielfältig die Flora auf solch einem vom Menschen geschaffenen, nur wenigen Quadratmeter großen Lebensraum sein kann. „Mindestens 50 bis 70 höhere Pflanzenarten gibt es hier“, erläuterte der Botaniker und stellte zugleich einige markante Exemplare vor: Etwa die Kaukasus-Fetthenne,die als sogenannte „CAM-Pflanze“ ihre Spaltöffnungen tagsüber bei Hitze geschlossen hält und daher gut an trockene Standorte angepasst ist - ebenso wie andere Dickblattgewächse auf dem Dach, etwa der Mauerpfeffer. Insgesamt wurden schließlich 91 Arten bestimmt: Von Gewürzpflanzen wie dem Origanum bis zu kleinen Gehölzen wie dem Feldahorn.

Ein besonderer Farbtupfer war dabei auch die Rapunzel-Glockenblume. An ihr fand Biologe Klaus Rennwald vom Freiburger Entomologischen Arbeitskreis (FrEAK) eine besondere Wildbiene. Um sie zu bestimmen, nahm er die Biene vorübergehend vorsichtig zwischen seine Finger und betrachtete ihre Brustoberseite. Da diese auffällig braun beschuppt war, konnte das nur wenige Millimeter große Insekt als Braunschuppige Sandbiene (wissenschaftlich: Andrena curvungula) identifiziert werden - eine eher seltene Art, die auf der Roten Liste steht und dort als „gefährdet“ eingestuft wird. „Beim Pollensammeln ist sie auf Glockenblumen spezialisiert“, betonte Rennwald. Und für Ihre Nester braucht sie sandige Böden mit lückiger Vegetation.

Später am Tag wurde im Biogarten der Ökostation, dessen Artenvielfalt Gärtnermeister Fritz Thier rund 40 Interessenten bei zwei Exkursionen erläuterte, noch eine zweite besondere Wildbiene, von denen es in Baden-Württemberg rund 470 Arten gibt, entdeckt: Dabei handelte es sich um die Blauschwarze Holzbiene, die sowohl durch ihre Färbung, den tiefen Brummton als auch durch ihre stattliche Größe von knapp drei Zentimetern beeindruckte.

Insekten spielten auch bei den restlichen Exkursionen eine große Rolle: So etwa um die Mittagszeit bei der Untersuchung des Teichs im Garten der Ökostation, an der sich über 40 Personen beteiligten, darunter etliche Kinder. Einer von ihnen war der achtjährige Joshua Barban aus Merzhausen, der mit seiner Mutter Sandra fast den ganzen Tag über mitmachte. Kerstin Geigenbauer von der Schutzgemeinschaft Libellen erklärte ihm, dass es sich bei den vielen „blauen Nadeln“, die über dem Wasser schwirrten, um Schlanklibellen handelte: „Sogar um zwei Arten, nämlich die Hufeisen-Azurjungfer und die Große Pechlibelle“, erläuterte die Biologin. Während man diese beiden Arten noch häufig antreffen könne, seien viele andere Libellen durch die Zerstörung ihrerLebensräume bedroht. Larvenhäute dieser Flugkünstler sowie viele andere Tiere und Pflanzen konnten die Teilnehmer anschließend im Ökomobil des Regierungspräsidiums unter dem Mikroskop betrachten - und außerdem unter der Anleitung von Angelika Schwarz-Marstaller selbst gebastelte Tierfiguren bemalen, was vor allem den kleinen Besuchern gefiel.

Spontanität bewiesen am Nachmittag dann die „Käferleute“: Weil Wind den Fang dieser Sechsbeinermit dem Kescher erschwerte, weiteten sie ihr Spektrum gleichnoch auf andere Insektengruppen aus, die sich „wetterbeständiger“ zeigten. So wurden den gut 30 Teilnehmern dieser Exkursion nicht nur der Grüne Scheinbockkäfer, der Asiatische Marienkäfer - von dem übrigens auch Puppen gefunden wurden -sowie etliche weitere Käfer erklärt, sondern ebensoetliche Wanzen und Zikaden - zum Beispiel eine Käferzikade.

Eigens zum Tag der Artenvielfalt gekommen war die Lehramtsstudentin Raphaela Brenke. Sie interessierte sich vor allem für die vielen Heilkräuter wie zum Beispiel Schargarbe und Königskerze im Garten der Ökostation, den an diesem Tag rund 120 Interessenten aufsuchten: „Als Ergänzung zum Unterrichtsfach Alltagskultur und Gesundheit“, erläuterte sie. Ein weiterer angehender Lehrer nutzte indes die Gelegenheit und frischte am Gehölzstand des BUND, den Siegfried Mattausch betreute, seine Kenntnisse über einheimische Sträucher und Bäume auf.

Mehr oder weniger zufällig beim Tag der Artenvielfalt gelandet war indes Familie Brekalo aus Zähringen: „Wir haben einen Ausflug gemacht und sind so zum Aktionstag gestoßen“, erläuterte Mutter Daniela, die von den vielen Angeboten begeistert war: „Das ist ganz toll, weil Kinder hier die Natur sinnlich erfahren können“, meinte die Tagesmutter. Ihren Töchtern Elea (2) und Alma (8) machte es dann auch viel Spaß, am Stand der Jägervereinigung Freiburg sich von Jugendreferent Ralph Hauser die in der Stadt lebenden Wildtiere erklären zu lassen.

Laufpublikummachte den größten Teil - schätzungsweise drei Viertel - der rund 350 Besucher des Freiburger Geo-Tags der Artenvielfalt aus. „Vor diesem Hintergrund war es ein Erfolg, ihn erstmals auf einen Sonntag zu legen, denn da sind mehr Leute unterwegs als samstags“, sagt Ralf Hufnagel vom „Netzwerk Artenvielfalt“, dem Organisatoren-Team des seit 2004 jährlich auch in Freiburg stattfindenden und vom Naturmagazin „Geo“ deutschlandweit ins Leben gerufenen Aktionstags.

Ein besonderer Dank gilt Sabine Jelinek die das Natur-und Fotokunst Portal www.nafoku.de betreibt und in diesem Jahr wesentlich zur Realisierung des Freiburger Tages der Artenvielfalt beigetragen hat.

Bild: Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus) auf dem Gründach der Ökostation als Nektarquelle für die im Text genannte Sandbiene
Bildautor: Andreas Braun