Ökostation: Natur erleben - Zukunft gestalten
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"Ein FÖJ in einem Umweltbildungszentrum"

News vom 09.10.2006

Annelie Sieveking hat über ihr Freiwilliges Ökologische Jahr (FÖJ) 2005/2006 in der Ökostation Freiburg einen Artikel in der Zeitung "Kritische Masse" veröffentlicht.

„Ich wünsche mir, dass die ganze Welt umweltfreundlich wird“

Bunte Blumenwiesen, blaue Flüsse, wilde Tiere, Häuser aus Holz, Fahrräder und auch Solarautos: „Ich wünsche mir, dass alle Autos mit Solar fahren“, so der neunjährige Max, der heute mit 15 anderen Kindern aus Schramberg die Ökostation besucht hat. Mit selbst hergestellten Naturfarben haben die Schüler die Erde heute so gestaltet, wie sie sich die Welt für ihre Zukunft wünschen.

Das FÖJ ist von der Ökostation gar nicht mehr wegzudenken. Seit 12 Jahren schon bringen FÖJler, mittlerweile sogar immer zwei, jährlich neuen Schwung in das renommierte Umweltbildungszentrum. Die Ökostation liegt mitten in Freiburg, im ehemaligen Gelände der Landesgartenschau 1986. Fast täglich erleben seit 20 Jahren Schulklassen im „Grünen Klassenzimmer“ die Natur, beobachten Tiere, lernen Pflanzen kennen und erfahren, wie sie einen kleinen Teil zum Umweltschutz beitragen können. Neben diesen „Grünen Klassenzimmern“ werden außerdem zahlreiche Garten- und Kräuterkurse, Veranstaltungen zu verschiedenen Umweltthemen, Sonntagsöffnungen für Familien und auch Ferienfreizeiten angeboten.

In unserem Niedrigenergiehaus mit Solaranlage, Gründach und vielem mehr, was so zum ökologischen Bauen dazugehört, teilen wir zwei FÖJler uns ein kleines, gemütliches Büro, in dem ich allerdings nur sehr wenig Zeit verbringe. Aufgrund des Schwerpunktes meiner Stelle, der Umweltpädagogik, bin ich die meiste Zeit an der frischen Luft z.B. im Biogarten der Ökostation. Hier gibt es für Groß und Klein viel zu entdecken: einen Heilkräutergarten, einen Teich, eine Wildbienenwand, Beete mit Obst und Gemüse, eine Feuerstelle, einen Schmetterlinsgarten, Weidenhäuschen und nicht zu vergessen unseren Vorzeigekompost, an dem man die verschiedenen Verrottungsstufen beobachten kann.

Gerade haben in Baden-Württemberg die Sommerferien begonnen und man könnte annehmen, es würde jetzt ein bisschen Ruhe einkehren, aber so richtig ruhig ist es in der Ökostation eigentlich nie. Wenn, dann kann, wer gute Ohren hat, die natürlichen Baustoffe der Ökostation hören: Auch die Holzwürmer fühlen sich wohl und geben in den Fichtenstämmen interessante Geräusche von sich.

In meiner letzten Woche kommen täglich ca. 20 Kinder aus Schramberg, einem kleinen Ort im Schwarzwald, wo gerade im Rahmen der Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ein Großspielprojekt mit 350 Kindern stattfindet. Jeden Morgen ziehen sie ein Los mit ihrem Exkursionsziel für den Tag. Kinder dürfen reden, Erwachsene hören zu.

Auch in der Ökostation, die 2005 als offizielles Projekt von der UNESCO-Kommission ausgezeichnet wurde, kommen die Kinder zu Wort.

Zu Beginn sitzen wir im Kreis. Das ergibt sich schon aus der Form der Ökostation: sie ist rund, genauer gesagt achteckig. Alle können sich erst mal in Ruhe umschauen, beobachten, was ihnen Besonderes auffällt, welche Materialien sie entdecken und überlegen, was die Ökostation denn sein könnte. Nach einer kurzen Einführung zum Haus und zur Ökostation rolle ich eine große Erdkugel in die Mitte. „Wer weiß, wo Deutschland liegt? Ist der Nord- oder der Südpol größer? Wer lebt alles auf unserer Erde? Was tut unserer Erde gut? Was tut ihr nicht so gut?“ Ganz stolz zeigt ein Kind den anderen, wo Deutschland liegt. Bei der Frage nach den Polen wird es schon schwieriger. Als wir den Südpol unter Südamerika orten, sind sich dann doch alle einig, dass der Nordpol der kleinere der beiden ist. Auf die Frage, was unserer Erde nicht so gut tut, wissen die Kinder schon sehr viele Antworten: die Autoabgase, der viele Müll, der einfach überall hingeschmissen und nicht sortiert wird, das Zerstören der Lebensräume vieler Tiere oder das durch Chemikalien und Ölfrachter verschmutzte Wasser.

Ein Junge weiß sehr gut Bescheid und erzählt den anderen von dem aktuellen Ölunglück im Libanonkrieg, das kilometerlange Strände verschmutzt und viele Tiere verenden lässt. Mit dem großen Globus kann man sehr gut veranschaulichen, dass unser Verhalten hier Auswirkungen auf die ganze Welt hat.

So, genug geredet, jetzt geht´s erst mal raus in die Natur! Mit Ferngläsern gehen wir runter zum See und beobachten Schwäne, Enten, Blässhühner und was man sonst noch so alles entdecken kann. „Da, schaut mal, der kleine Haubentaucher hat nur ein Bein!“ Wie kleine Naturforscher schauen die Kinder mit ihren Ferngläsern genau hin, ob der kleine Vogel wirklich nur ein Bein hat oder ob er vielleicht wie der Schwan einen Fuß auf dem Gefieder ablegt und in aller Ruhe elegant über den See schwimmt.

Die nächste Station ist der Garten. Wichtig ist uns bei der Ökostation das Erleben mit allen Sinnen: Heute können die Kinder Komposttiere unter die Lupe nehmen, einen Regenwurm auf der Hand fühlen, verschiedene Kräuter riechen und schmecken und sich mit der ältesten Zahnbürste der Welt, die in unserem Kräutergarten zu finden ist, ihre Zähne putzen. _1

Anschließend wird mit viel Freude kräftig gehämmert, geklopft, gemörsert und gesiebt: Aus Naturmaterialien wie Holzkohle und Lehm stellen die Kinder ihre eigenen Farben her, mit denen sie nach der Pause eine Weltkugel auf Papier gestalten. Jeder kann malen, was ihm auf der Erde wichtig ist und was er sich für die Zukunft wünscht.

In der Abschlussrunde haben alle noch einmal die Möglichkeit, den anderen ihre Wünsche für die Zukunft der Erde mitzuteilen. Die Kinder wünschen sich, dass Zigaretten abgeschafft werden, dass alle Autos mit Solar fahren, dass es keine Kriege mehr gibt, dass nicht mehr so viele Bäume im Regenwald gefällt werden und das die Erde so bleibt, wie sie ist. Der zehnjährige Jorid hat den großen Wunsch, dass die ganze Welt umweltfreundlich wird. Die achtjährige Katharina sagt: „Ich wünsche mir, dass, wenn ich mal Kinder hab, sie die Natur auch noch so erleben können und die ganzen Tiere und Pflanzen nicht nur auf Photos sehen.“

In solchen Momenten wird mir immer wieder bewusst, wie sinnvoll und wichtig die Arbeit der Ökostation ist und wie froh ich bin, in dieser Einsatzstelle mein FÖJ zu machen!

Annelie Sieveking