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Der Bienenfresser

Bienenfresser will heimisch werden

Seltener Vogel in Ettenheim / Bruthöhlen wurden zerstört

ETTENHEIM. Für Ornithologen ist es eine Sensation gewesen, als vor einigen Jahren am Kaiserstuhl Bienenfresser gesichtet wurden, Vögel, die sich sonst eher in tropischen oder subtropischen Breiten zu Hause fühlen. Auch in Ettenheim hat sich nun eine kleine Bienenfresser-Kolonie angesiedelt, doch die Bruthöhlen der geschützten Vögel wurden zerstört. Das hat Vogel- und Naturliebhaber empört und ließ die Naturschutzbehörde einschreiten.

Die Brutkolonie am Kaiserstuhl wird streng behütet: In der Brutzeit werden sogar Wege gesperrt, um die bunt schillernden Vögel nicht bei der Aufzucht zu stören. In Ettenheim dagegen werden die Vögel "rigoros bekämpft" , sagt Thomas Ullrich, Ortsverein-Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu). "Nicht etwa von einem hier ansässigen Imker, welcher um seine fleißigen Bienen bangt — nein, ausgerechnet ein uneinsichtiger Winzer fürchtet um seine Trauben" , berichtet Ullrich. Die Brutröhren, welche die Ettenheimer Bienenfresser in eine Lößwand gegraben hatten, habe der Winzer vom anliegenden Weinberg schlicht mit Steinen zugestopft. Der Nabu erstattete daraufhin Anzeige bei der Naturschutzbehörde des Landratsamtes in Offenburg.

Christian Eggersglüß, Pressesprecher des Landratsamts, bestätigte auf Anfrage der Badischen Zeitung, dass ein Winzer als Täter ermittelt werden konnte. Der habe die Schuld auch eingestanden und versprochen, die Bruthöhlen umgehend wieder zu öffnen. "Die Steine aus den Höhleneingängen wurden wieder entfernt" , bestätigt Thomas Ullrich.

Laut Eggersglüß beschäftigt sich derzeit die Bußgeldbehörde des Landratsamts mit dem Fall — "bei Naturschutzvergehen kann diese Bußgelder bis 50 000 Euro verhängen" , so der Pressesprecher. Jedoch rechne er im Fall des Winzers mit einer weitaus geringeren Strafe. "Es sind zudem wohl noch Gespräche mit dem Winzer nötig" , sagt Eggers glüß, "die Naturschutzbehörde wird die Sache genau im Auge behalten."

Für Ullrich bleibt der Vorfall unverständlich, schließlich hat der Bienenfresser seinen Namen nicht zufällig und verspeist lediglich Bienen und andere Insekten. Trauben stehen nicht auf seiner Speisekarte. Wie sehr der Winzer die Vögel bei der Brut gestört habe, lasse sich schwer abschätzen, sagt Ullrich: "Zwei der vier Paare haben sich andere Stellen zum Brüten gesucht, allerdings schlechtere Stellen. Die anderen beiden Paare sind wohl in der Lösswand geblieben."

Mit Einsicht des Winzers für die Bedürfnisse der Vögel rechnet Ullrich nicht: "Er hat jetzt Tomaten unter die Lösswand auf den Fahrweg gepflanzt, damit die Wand zuwächst." Auch die Stadt nehme "zu oft keine Rücksicht" , klagt Ullrich: "Bei Wegebauarbeiten der Stadt in der Vorbergzone wurde der Brutplatz eines Bienenfresserpaares im Winter 2007/08 weggebaggert."

Der Nabu Ettenheim, der eng mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) zusammenarbeitet, will auf jeden Fall um den Erhalt der Ettenheimer Bienenfresser-Kolonie kämpfen. Der Nabu wird diesen Winter versuchen, einen alternativen Brutplatz zu schaffen. Ullrich: "Ein entsprechendes Grundstück haben wir schon eruiert."

Ob die Vögel den Standort annehmen, müsse abgewartet werden. "Die Tiere haben eben ihre Ansprüche."

Der Bienenfresser

Der Bienenfresser (Merops apiaster) galt in Baden-Württemberg seit 1916 als ausgestorben. Der etwa 28 Zentimeter große Vogel hat einen türkisfarbenen Bauch. Scheitel, Nacken und Rücken sind rostbraun, die Flügel haben beide Farben. Charakteristisch ist der relativ lange, gebogene Schnabel. Sein Verbreitungsgebiet reicht von Südwest- und Vorderasien, Nordwestafrika sowie Südosteuropa bis Südostpolen. Er wurde aber auch schon weiter nördlich gesichtet. 1980 wurde der Bienenfresser wieder am Kaiserstuhl gesehen und in jüngerer Vergangenheit auch in Ettenheim. Nach Angaben des Nabu brüteten 2007 etwa 500 Paare in Deutschland. Der Bienenfresser gräbt bis zu 1,5 Meter tiefe Bruthöhlen, bevorzugt offene Landschaften und frisst ausschließlich Insekten. Er steht unter Naturschutz.

Quelle

Badische Zeitung, Stefan Merkle, vom 29.08.2008