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GEW-Position zum Konzept „Jugendbegleiter“

GEW-Schreiben an Oettinger

Ministerpräsident Günther Oettinger erhielt Ende November in einem Schreiben die Position der GEW Baden-Württemberg zu seiner vorgelegten Rahmenvereinbarung Jugendbegleiter. Für unverzichtbar hält die GEW dabei folgende Punkte:

1. Verpflichtende Ganztagsschule

In den Eckpunkten ist vom flächendeckenden, bedarfsorientierten Angebot offener Ganztagsschulen aller Schularten die Rede. Diese Formulierung darf nicht heißen, dass es ins Belieben der Kinder bzw. Eltern gestellt ist, dieses Angebot wahrzunehmen oder nicht. Wer sich für die Ganztagsschule entscheidet, für den ist der Besuch der ergänzenden Angebote verpflichtend.

2. Zeitstrukturen

Der Ausbau von Halbtags- zu Ganztagsschulen bietet die einmalige Chance, die starren schulischen Zeitstrukturen aufzubrechen und den Schulalltag so zu rhythmisieren, dass er den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen nach einem Wechsel von Lernformen und Lernangeboten, von Anspannung und Entspannung Rechnung trägt.

3. Mehr Lehrer/innen

Die GEW plädiert für eine Öffnung der Schule ins gesellschaftliche und kommunale Umfeld. Grundlage jeder Ganztagsschule ist ein pädagogisch schlüssiges Konzept in Verantwortung der Schule. Deshalb brauchen Ganztagsschulen eine gute Ausstattung mit Lehrkräften. Die derzeitige Versorgung reicht nicht aus. Deshalb müssen im Zuge des Ausbaus der Ganztagsschulen weitere Lehrer/innenstellen zur Verfügung gestellt werden. In so ein Konzept von Ganztagsschule können Jugendbegleiter/innen als Ergänzung sinnvoll integriert werden.

4. Individuelle Förderung

Der Ausbau von Ganztagsangeboten muss dazu benutzt werden, die individuelle Förderung von Schüler/innen weiter zu entwickeln und zu verbessern. Diese Aufgabe muss von pädagogisch geschulten Kräften wahrgenommen werden, da die individuelle Förderung in engem Zusammenhang zum regulären Unterricht gesehen werden muss. Die GEW lehnt deshalb ausdrücklich ab, dass ehrenamtliche Jugendbegleiter/innen für „gezielte Unterstützung einzelner Schüler“ eingesetzt werden.

5. Halbjährliche Verpflichtung

Das Eckpunkte-Papier will insbesondere Grundschulen zu Ganztagsschulen ausbauen. Schüler/innen der Grundschule brauchen feste Bezugspersonen. Eine Ganztagsschule, die aus vormittäglichem Unterricht und nachmittäglicher Betreuung durch Jugendbegleiter/innen im Halbjahresrhythmus besteht, führt zu starkem personellem Wechsel und kann die Bindung zwischen Kindern und Pädagog/innen nicht gewährleisten. Die GEW fordert ein hohes Maß an Kontinuität und Verlässlichkeit. Eine halbjährliche Verpflichtung ist dazu nicht ausreichend. Wünschenswert ist, dass Jugendbegleiter/innen gerade an Grundschulen überwiegend mit Lehrkräften zusammen im rhythmisierten Konzept der Schule eingesetzt werden.

6. Themenbereiche

Der Einsatz von Jugendbegleiter/innen in den Bereichen Musik, Tanz, Sport und Kunst darf nicht zur Reduzierung dieses Angebots im regulären Unterricht führen. Die Förderung von Kreativität und musischem Gestalten muss wesentlicher Bestandteil schulischer Arbeit bleiben – darauf können ergänzende Angebote Bezug nehmen.

7. "Verdrängungswettbewerb"

Die GEW betont, dass insbesondere Jugendmusik- und Jugendkunstschulen in großer Sorge darüber sind, dass der Einsatz von Jugendbegleiter/innen aus Vereinen und Verbänden zu einer Konkurrenzsituation führt, bei der die Jugendmusik- und Jugendkunstschulen den „Verdrängungswettbewerb“ von außerschulischer Jugendarbeit und Ganztagsschulen verlieren werden. Deshalb sollen auch „Anbieter“ der außerschulischen Jugendarbeit die Möglichkeit haben, ergänzende Angebote an Ganztagesschulen zu machen, z.B. durch die Einbeziehung von pädagogisch und fachlich ausgebildeten Lehrer/innen aus Jugendmusik- oder -kunstschulen. Für diese Personengruppe scheidet eine pauschalierte Vergütung aus, da diese Lehrer/innen auf das Einkommen aus ihrer Tätigkeit angewiesen sind.

8. Qualifizierung

Eine ausreichende Qualifizierung der Jugendbegleiter/innen ist unverzichtbar. Die GEW weist darauf hin, dass ehrenamtliche Kräfte in Vereinen und bei außerschulischen Angeboten mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, die freiwillig kommen – in der Schule dagegen sind sie verpflichtet, am Angebot teilzunehmen.

9. Klare Verantwortlichkeiten

Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts der Jugendbegleiter/innen ist, dass vor Ort klare Verantwortlichkeiten bestehen. Deshalb muss die Verantwortlichkeit für Auswahl und Einsatz von Jugendbegleiter/innen ausschließlich bei der Schule liegen.

10. Kosten

Eine Ganztagsschule muss, auch wenn sie mit ergänzenden Angeboten nachmittags arbeitet, kostenfrei sein, da sie sonst nur Kindern offen steht, deren Eltern bereit und in der Lage sind, zusätzliche Kosten zu übernehmen.

Quelle

GEW-Zeitschrift "Bildung und Wissenschaft, 12/05, S.5