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Jugendbegleiter: billiger Jakob oder teure Fachkraft?

Landtagsabgeordnete stehen Rede und Antwort

Politikergespräch mit Christine Rudolf (SPD), Klaus Herrmann (CDU) und Jürgen Walter (Grüne)

Beim Politikergespräch des Sportkreises Ludwigsburg ist schnell klar geworden, welches Thema den Vereinen auf den Nägeln brennt: die Ganztagsschule. Vor allem der geplante Einsatz so genannter Jugendbegleiter hat für Zündstoff gesorgt.

Ganztagsschule auf dem Vormarsch

Die Ganztagsschule ist in Baden-Württemberg auf dem Vormarsch. Im Landkreis Ludwigsburg gibt es bereits elf. Dass die Sportvereine beim Ausbau des Schulangebotes mithelfen müssen, darin waren sich alle Anwesenden in Steinheim einig. Wie das Konzept jedoch aussehen soll, darüber wurde heftig diskutiert. Klaus Herrmann (CDU) stellte die Pläne der Landesregierung vor. "Wir können eine Ganztagsschule nur mit Lehrern nicht finanzieren. Deswegen haben wir das Modell eines Jugendbegleiters vorgeschlagen. Und der muss ehrenamtlich arbeiten." Jürgen Walter, sportpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, hielt dagegen: "Die Sportvereine dürfen nicht zum billigen Jakob werden." In die gleiche Kerbe schlug seine Amtskollegin Christine Rudolf von der SPD: "Die Ganztagsschule darf nicht auf dem Rücken des Ehrenamts ausgetragen werden."

Zwickmühle für Sportvereine

Der Sportkreisvorsitzende Hartmut Beller sitzt in der Zwickmühle. Bei zu wenig Lohn sehen die Jugendbegleiter aus den Vereinen wie billige Arbeitskräfte aus. Auf der anderen Seite sieht er die Gefahr eines zu hohen Stundenlohns in der Schule im Vergleich zur Vergütung der ehrenamtlichen Vereinsarbeit. "Wer trainiert dann noch eine Fußballmannschaft, wenn man dafür nur eine Flasche Wein auf der Weihnachtsfeier bekommt?"

Bezahlung und Ausbildung

Diskussionsbedarf gab es aber nicht nur in der Frage der Bezahlung der Jugenbegleiter, sondern auch beim Thema Ausbildung. Fortbildungen und Lehrgänge sind kostenintensiv. Ein nach Meinung der Landesregierung kaum zu finanzierender Aufwand. "Im Zweifelsfall ist es mir lieber, dass ein Nichtausgebildeter die Betreuung übernimmt, bevor die Stunde ausfällt", erklärte Herrmann. Walter war anderer Meinung: "Wir brauchen gut ausgebildete Leute. Alleine schon, weil wir die Betreuer in der Schule nicht überfordern wollen." Christine Rudolf führte weiter aus: "Für mich gehören in die Schule nur ausgebildete Lehrer oder Sozialpädagogen."

Sportfördermittel

Einig präsentierten sich die drei Landespolitiker beim Thema Sportfördermittel. Um Planungssicherheit für die Vereine zu schaffen, soll für die kommenden Jahre ein Solidarpakt zwischen Politik und Sport geschlossen werden. Den Befürchtungen, die Landesregierung könnte den Etat wegen der langfristigen Zusage dann noch einmal kürzen, erteilte Herrmann eine Absage: "Die bisherige Höhe wird beibehalten."

Quelle

Marbacher Zeitung v. 27.01.2006, von Hannes Haßpacher