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Ministerrat beschließt umfassendes Konzept zum weiteren Ausbau von Ganztagsschulen

Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 21.2.2006

Land stellt in den kommenden Jahren 1.840 Lehrerstellen für Ausbau der Ganztagsschulen bereit

Das Programm "Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung" wird deutlich aufgestockt. Ministerpräsident Günther H. Oettinger und Kultusminister Helmut Rau: Jedes Kind und jeder Jugendliche soll bei Bedarf die Chance haben, eine Ganztagsschule zu besuchen

Schulen mit offenen Ganztagsangeboten können jetzt zusätzliche Lehrerwochenstunden erhalten

„Der Ausbau und die Weiterentwicklung von Ganztagsschulen ist die zentrale bildungs- und familienpolitische Weichenstellung der Landesregierung für die kommenden Jahre. 40 Prozent der öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Baden-Württemberg sollen bis zum Jahr 2015 als Ganztagsschulen eingerichtet werden oder Ganztagsangebote machen. Dazu wir das Land in den kommenden Jahren 1.840 Lehrerstellen einsetzen", erklärten Ministerpräsident Günther H. Oettinger und Kultusminister Helmut Rau am Dienstag (21. Februar 2006) in Stuttgart. Am Vortag hatte der Ministerrat ein umfassendes Konzept zum Ausbau von schulischen Ganztagsangeboten beschlossen. Darin ist vorgesehen, dass zukünftig in allen allgemein bildenden Schularten offene Ganztagsangebote mit zusätzlichen Lehrerwochenstunden ausgestattet werden können. Daneben sollen 550 neue Ganztagsschulen (Grund- und Hauptschulen) mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung eingerichtet werden. Als dritte Säule sieht das Konzept den Einsatz von Jugendbegleitern in der Ganztagsbetreuung an Schulen vor.

Ganztägige Betreuung Angebot für Eltern und Kinder - keine Pflicht

„Unser Ziel ist es, ein flächendeckendes und bedarfsorientiertes Netz an Ganztagsschulen zu schaffen. Jedes Kind und jeder Jugendliche soll bei Bedarf die Chance haben, eine Ganztagsschule zu besuchen. Wir nehmen die Wahlfreiheit der Eltern und Familien ernst. Wir nehmen den Eltern die Verantwortung nicht ab - aber wir unterstützen sie, wenn und wo sie dies wünschen“, betonte der Ministerpräsident. Der Ausbau von Ganztagsschulen gewinne vor dem Hintergrund des grundlegenden Wandels der Gesellschaft an Bedeutung. Ursachen seien veränderte Familienstrukturen, die insbesondere durch einen hohen Anteil von Alleinerziehenden und Ein-Kind-Familien gekennzeichnet seien. Gleichzeitig hätten immer mehr Eltern den Wunsch, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Für eine zunehmende Anzahl von Frauen sei die Erwerbstätigkeit zudem eine ökonomische Notwendigkeit. Der demografische Wandel der Gesellschaft mache es erforderlich, dass gut ausgebildete Frauen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. „Das Angebot von Ganztagsschulen ist ein Standortfaktor des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg und ein wichtiges Entscheidungskriterium dafür, ob der Kinderwunsch der Eltern realisiert wird“.

Grundschulen Schwerpunkt bei Ausbau der Ganztagsschulen

„Der Schwerpunkt beim Ausbau der Ganztagsschulen liegt eindeutig auf den Grundschulen“, hob Kultusminister Helmut Rau hervor. Entwicklungspsychologen und Hirnforscher hätten in den vergangenen Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufnahme- und Lernfähigkeit im ersten Lebensjahrzehnt besonders ausgeprägt ist. Die Konzeption "Ganztagsschulen in offener Angebotsform" und die Weiterentwicklung der "Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung" sollen daher mit einer Neuverteilung der Unterrichtsstunden einschließlich der (längeren) Pausen auf den Vor- und Nachmittag verbunden sein. Durch die ausgewogene Verteilung des Unterrichts auf den Vor- und Nachmittag und einen späteren Unterrichtsbeginn sollen neurobiologische und physiologische Aspekte des Lernens stärker berücksichtigt werden.

Beitrag zur Chancengleichheit von Kindern

Ganztagsschulen könnten durch die längere Verweildauer in der Schule das Lernen positiv beeinflussen. Dies gelte insbesondere auch für den Erwerb von Sprachkompetenz. „Die Ganztagsschule ist ein wichtiger Beitrag zur Überwindung herkunftsbedingter Benachteiligung im Schulsystem. Die Herkunft darf nicht über Bildungs- und Zukunftschancen entscheiden“, unterstrich Ministerpräsident Oettinger. Die PISA- und IGLU-Studien hätten ergeben, dass vor allem Schülerinnen und Schüler aus sozial schwächeren und bildungsferneren Familien zusätzlichen Förderbedarf haben, um die Bildungs- und Erziehungsziele der Schule und die Ausbildungsfähigkeit zu erreichen.

Ganztagsschulen in offener Angebotsform

Ganztagsschulen in offener Angebotsform könnten zukünftig in allen Schularten der allgemein bildenden Schulen (Primarstufe und Sekundarstufe I) eingerichtet werden, unterstrich Kultusminister Rau. Sie gewährleiste einen Ganztagsbetrieb mit einem pädagogischen Konzept an vier Tagen mit täglich mindestens sieben Zeitstunden. Die Teilnahme an diesem Angebot sei freiwillig. Der Ausbau solle innerhalb von neun Jahren ab 2006 dem Bedarf entsprechend erfolgen. Die Ganztagsschulen in offener Angebotsform erhielten eine zusätzliche Lehrerzuweisung für schulische Bildungsangebote. Voraussetzung für den quantitativen Ausbau zur Ganztagesschule sei die Sicherstellung der Betreuung außerhalb des Unterrichts durch die kommunalen Schulträger bzw. außerschulischen Partner. „Der Jugendbegleiter kann und soll hier ein zentrales Element sein“. Die Sicherstellung der Betreuung bestimme innerhalb des von der Schulverwaltung vorgegebenen Kontingents auch das Ausbauvolumen und -tempo. Das jährliche Ausbaukontingent der Ganztagsschule in offener Angebotsform werde auf die Regierungsbezirke aufgeteilt.

Weiterer Ausbau der Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Ausrichtung bis 2011

Das seit dem Jahr 2000 bestehende Landeskonzept "Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung" werde weiter ausgebaut. Der Ausbau solle innerhalb von fünf Jahren ab 2006 erfolgen. Für die Fortschreibung des Programms gelte ein bedarfsorientierter Ausbau von weiteren 200 auf damit 400 Ganztags-Hauptschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung (ca. 30% der Hauptschulen). Um so früh wie möglich Benachteiligungen der dort unterrichteten Kinder entgegenzuwirken, sei die Ausweitung des Ganztagsbetriebs von der Hauptschule auf den Grundschulbereich vorgesehen. Rund 75% der derzeitigen Hauptschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung seien bereits im Verbund mit einer Grundschule. Dies entspreche bei einem Ausbau auf 400 Ganztagshauptschulen insgesamt 300 Grundschulen im Verbund mit einer dieser Hauptschulen. Darüber hinaus arbeiteten teilweise auch eigenständige Grundschulen unter erschwerten Bedingungen. Ziel der Landesregierung sei daher die Einrichtung von 50 "reinen" Grundschulen als Ganztagsschule mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung, hob Rau hervor.

Quelle

Staatsministerium Baden-Württemberg vom 21.2.2006