Die Zaunammer
Das Männchen trägt eine gelbe Maske
Die Zaunammer ist bei Ebringen zu Hause / Nur noch 60 Brutpaare gibt es im ganzen Land
EBRINGEN. Die Artenvielfalt schwindet weltweit und auch in Deutschland kontinuierlich. Nach Angaben des Naturschutzbundes gelten von den 254 heimischen Vogelarten nur 141 als ungefährdet. Ohne das Engagement unzähliger Naturschützer wären es wohl noch weniger. Sie pflegen Bachufer, bewahren Amphibien davor, beim Queren von Straßen unter die Räder zu kommen, halten Tümpel offen, richten Nisthilfen ein und sichern Brutplätze. Die BZ stellt vier extrem seltene Tierarten und die Menschen, die sich ihrer angenommen haben, vor. Heute: die Zaunammer in Ebringen.
"Ziep, ziep" klingt der Ruf aus dem dichten Gebüsch oberhalb des Ebringer Ortsteils Talhausen, wobei sich das zweite "ziep" lang streckt. Es könnte der Ruf einer jungen Zaunammer sein. Felix Bergmann ist sich jedoch nicht ganz sicher. "Die Jungvögel der Sperlingsarten sind schwer voneinander zu unterscheiden" , erklärt der Biologe. Er ist Geschäftsführer des Naturschutzbundes (Nabu) Südbaden und ausgewiesener Fachmann für die Zaunammer.
Nur 60 Brutpaare gibt es davon in Baden-Württemberg. Zu Hause ist die Zaunammer in der Markgräfler Vorbergzone zwischen Grenzach-Wyhlen und Freiburg-St. Georgen. In der Roten Liste steht hinter Emberiza cirlus, wie die Zaunammer nach der zoologischen Nomenklatur heißt, eine Eins. Das heißt, sie ist stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Zweifelsohne steht es schlecht um eine Vogelart, wenn ihr größtes Vorkommen nur 26 Paare zählt. Das befindet sich am Tüllinger Berg bei Lörrach. Felix Bergmann kennt Reviere der Zaunammer.
Am Schönberg bei Ebringen ist die Population klein. Udo Hegar vom Nabu Freiburg zählt zu einer Gruppe von Naturschützern, die sie regelmäßig beobachten. Die Zaunammer mag die Wärme, weshalb sie möglicherweise von dem zu erwartenden Temperaturanstieg durch den Klimawandel profitieren könnte. Aber nur dann, wenn sie auch den nötigen Lebensraum findet. Das aber ist die Krux, denn Gebiete wie in Ebringen mit nur schwach genutzten Obstbaumwiesen, dichten Gehölzen und einzelnen hoch aufragenden Bäumen, die die Zaunammermännchen als Singwarte benötigen, um das Revier zu markieren, sind rar geworden. Zum einen durch die Intensivierung der Landwirtschaft, zum andern weil Neubaugebiete gerade diese Übergangsbereiche zwischen Siedlung und Landschaft schmälern.
Felix Bergmann erzählt von einem Zaunammernpärchen, das derzeit noch im Plangebiet "Gruben" brütet. Er rechnet damit, dass sich die Vögel zurückziehen, wenn das Gebiet bebaut ist. Zwei weitere Reviere gibt es auf Ebringer Gemarkung, die wohl bestehen bleiben. Eins befindet sich innerhalb des Naturschutzgebietes "Jennetal" , das andere östlich von Talhausen. Diese Fläche grenzt unmittelbar an das Naturschutzgebiet "Berghauser Matten" , steht selbst aber noch nicht unter Schutz. Sie ist kaum einen halben Hektar groß und in Privatbesitz. Felix Bergmann will das Revier in das bundesweite Vogelmonitoring des Nabu einbringen und hat bei der EU-Kommission beantragt die Fläche als Vogelschutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie auszuweisen. Er hofft auf einen Erfolg, denn die Zaunammer steht europaweit unter Schutz: "Sie steht für einen bestimmten Lebensraumtyp, der insgesamt gefährdet ist, nicht nur in Südbaden." Bergmann beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Art, sie ist so etwas wie sein Lieblingsvogel. Als Kind schon hat er in den St. Georgener Obstbaumwiesen die Zaunammer mit dem Fernglas beobachtet.
Das Weibchen ist unscheinbar braun und kaum vom Haussperling zu unterscheiden. Das Männchen aber erkennt sofort, wer eine Beschreibung gelesen hat, denn es trägt eine unverwechselbare maskenartige schwarz-gelbe Kopfzeichnung. Den Winter verbringen die Tiere aus dem Markgräflerland in Zentralfrankreich oder am Mittelmeer, wobei sie von Februar an in ihre Brutreviere zurückkehren.
Auch die Jungvögel starten zu dem genetisch programmierten Flug, allerdings gelingt nur wenigen beim ersten Mal die Navigation des Rückfluges. Zurzeit erholen sich die erwachsenen Zaunammern vom Brutgeschäft, mausern sich, das heißt sie erneuern ihr Federkleid und bereiten sich für den Abflug vor.
Quelle
Badische Zeitung, Silvia Faller, vom 05.09.2008