Freiburger GEO-Tag der Artenvielfalt mit guter Resonanz
News vom 17.06.2013
Rund 350 TeilnehmerInnen und ein Umweltminister waren an den Waldsee im Freiburger Osten gekommen
Auch dieses Jahr hatte die Freiburger Veranstaltung zum deutschlandweiten GEO-Tag der Artenvielfalt regen Zulauf: Rund 350 Naturliebhaber waren gekommen, um am 14. und 15. Juni die Tier- und Pflanzenwelt rund um den Möslepark und Waldsee im gleichnamigen Freiburger Stadtteil unter die Lupe zu nehmen. Eine Besonderheit war der Besuch des baden-württembergischen Umweltministers Franz Untersteller, der sichtlich beeindruckt war und gemeinsam mit Freiburgs Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik das Engagement des „Freiburger Netzwerk Artenvielfalt“ lobte.
Einer ersten Schätzung zufolge wurden in dem abwechslungsreichen Exkursionsgebiet mit Parks, Wäldern, Gewässern und einer Kleingartenanlage über 350 verschiedene Tier- und Pflanzenarten gefunden, darunter auch ein vom Aussterben bedrohter Prachtkäfer mit dem wissenschaftlichen Namen Anthaxia nigrojubata: In Baden-Württemberg und ganz Deutschland kommt dies Art fast nur rund um den Schauinsland vor. Ob noch weitere Besonderheiten erfasst wurden, wird die Auswertung zeigen, die derzeit noch läuft. Sobald sie abgeschlossen ist, können die detaillierten Artenlisten hier abgerufen werden.
Dass das Interesse an dem seit 2003 jedes Jahr stattfindenden Aktionstag auch dieses Mal sehr groß sein wird, zeichnete sich bereits am Freitagabend ab: Mehr als 100 Leute hatten sich gegen 21 Uhr am Waldsee eingefunden (siehe Foto), um von Friedrich Kretzschmar von der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz (AGF) interessante Details über diese nachtaktiven Säugetiere zu erfahren. Mit Hilfe eines Beamers und zweier Infrarotkameras konnten rund 30 Exemplare – vorwiegend Zwerg- und Wasserfledermäuse, aber auch ein Kleiner Abendsegler – über der Wasseroberfläche bei der Jagd nach Insekten beobachtet werden. Und nicht nur das: Sogar die Ultraschalllaute der Flattermänner waren zu vernehmen, und zwar mit Hilfe spezieller Ultraschall-Detektoren. Ein Teilnehmer – es handelte sich um einen Touristen, der mit seinem Wohnmobil auf der Durchreise war – hatte sogar einen selbst gebastelten Detektor mitgebracht.
Nach gut einer Stunde wurde die Exkursion am nahe gelegenen Deicheleweiher fortgesetzt, wo Horst Schauer-Weisshahn und weitere AGF-Mitglieder Fangnetzte aufgestellt hatten. Bis gegen Mitternacht gingen 13 Flattermänner in die Maschen, was bei den Teilnehmern für Begeisterung sorgte: „Ich finde es toll, dass man hier so nah mit dabei sein kann“, meinte etwa die angehende Biologie-Lehrerin Lili Homm. Für ihr Studium sei solch ein Aktionstag eine wertvolle Hilfe.
Zeitgleich zur Fledermaus-Exkursion lockten Klaus Rennwald und Sabine Jelinek vom Freiburger Entomologischen Arbeitskreis (FREAK) Nachtfalter mit Hilfe einer künstlichen Lichtquelle an – unter anderem den hübschen Möndchenflecken-Bindenspanner. Aber auch andere Insekten flogen ans Licht, etwa Schlupfwespen und Schnaken.
Weiter ging es dann am Samstagfrüh um sieben Uhr mit einer Vogelexkursion: Unter Anleitung von Josef Ruf von der Freiburger Gruppe im Naturschutzbund Deutschland (NABU) hörte und sah man 23 Arten, darunter auch den Graufliegenschnäpper. Ab zehn Uhr informierten die mitwirkenden Naturschutzgruppen an zahlreichen Info-Ständen auf der an diesem Tag für den Verkehr gesperrten Waldseestraße über Freiburgs Flora und Fauna: Während beispielsweise Stephanie Brunk und andere Studentinnen die Gelegenheit nutzten, um am BUND-Stand ihre Kenntnisse über einheimische Gehölze zu vertiefen, informierte sich Roland Braun am Pavillon der Jägervereinigung Freiburg zu den in der Stadt vorkommenden Wildtier-Arten. Dabei erfuhr er, dass Füchse in der Stadt keine Seltenheit sind und in Littenweiler wohl auch schon Waschbären unterwegs waren.
Das Ökomobil des Regierungspräsidiums war an diesem Tag ebenfalls vor Ort. Es diente als Feldlabor sowie als Ausgangspunkt für 15 weitere naturkundliche Spaziergänge zu den unterschiedlichsten Themen: Beispielsweise informierte Patrick Pauli von den Freiburger Gewässerführern über die Besonderheiten des Mösleparks, während Frank Baum und Wolfgang Pankow vom FREAK einer größeren Gruppe kleiner und großer Naturfreunde die Welt der Käfer näher brachten. Neben Mist-, Lauf- und Bockkäfern fiel vor allem ein roter Feuerkäfer auf, dessen Larven unter Baumrinde leben: „Der ist ja besonders hübsch“, meinte Teilnehmerin Waltraud Eggs. Etliche weitere Käfer fanden Klaus Hemmann und Peter Schach vom Umweltschutzamt der Stadt Freiburg in einer nahegelegenen Kleingarten-Anlage.
Während einer von Kerstin Geigenbauer und Holger Hunger von der Schutzgemeinschaft Libellen (SGL) geführten Exkursion, bei der rund 35 Personen mitmachten, wurden innerhalb einer Stunde gleich sieben verschiedene Arten dieser besonderen Fluginsekten notiert, deren Larven sich im Wasser entwickeln. „Ein gutes Ergebnis, das zeigt, dass das Potenzial des Waldsees oftmals unterschätzt wird“, meinte Biologin Geigenbauer. Auffallend viele Larven fanden die Teilnehmer von der Zweigestreiften Quelljungfer, die besondere Ansprüche an ihren Lebensraum hat. Doch auch das Kleine Granatauge und die Glänzende Smaragdlibelle wurden gesichtet.
Am Nachmittag kam Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller, und zwar im Rahmen seiner Nachhaltigkeits-Tour vorbeigeradelt. Begleitet wurde er dabei von Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon und der Freiburger Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik. „Die Klimaerwärmung führt schon jetzt zu Veränderungen im Artenspektrum“, betonte der Minister in seinem Grußwort. Der Tag der Artenvielfalt leiste einen wichtigen Beitrag, um derartige Trends zu erkennen. Bürgermeisterin Stuchlik dankte den Teilnehmern für ihr Interesse und den im „Freiburger Netzwerk Artenvielfalt“ zusammengeschlossenen Veranstaltern – rund 20 regionale Naturschutzgruppen, -verbände und -institutionen sowie mehrere Ämter der Stadt und das Ökomobil des Regierungspräsidiums – für ihr großes Engagement.
Dass Artenschutz auch spontan möglich ist, zeigten am Samstag vor allem die jüngeren Besucherinnen und Besucher: Bei einer Familienexkursion unter Leitung von Gisela Friederich vom NABU hatten sie unzählige Kaulquappen entdeckt, die infolge des derzeit hohen Wasserstands aus dem Überlaufrohr des Waldsees in einen neben der Straße verlaufenden Graben gespült worden waren. Dieser mündet letztlich in der Dreisam, wo die Amphibienlarven nicht überleben können.
„Ich finde das nicht gut, denn die würden ja alle sterben“, meinte der 10-jährige Julian Stücker aus Stegen. Gemeinsam mit anderen Kindern, die der gleichen Meinung waren, machte er sich deshalb daran, die gefährdeten Tiere aus dem Graben zu fischen: Nahezu 1000 Kaulquappen wurden so bis zum späten Nachmittag gerettet. „Sie aus dem Wasser zu holen und umzusiedeln, ist allerdings nur bei Rettungsaktionen erlaubt“, betonte die langjährige Leiterin der Freiburger Naturschutzjugend (NAJU), Gisela Friederich.